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Pinguin Club, 28. März 2013

Von "Olaf COOL", meinem Co-Leser im Pinguin-Club...

 

Live im Pinguin

 

Mittwoch, ca. 16:00 Uhr: Autobahn Richtung Berlin. Erst zäher Verkehr, dann Stau. Grund: ein fetter Unfall. Ein Omen für das, was kommt?

Mittwoch, ca. 18:00 Uhr: Ankunft in Berlin. Ich gehe in die Ausstellung ‚woman & war’ im Willi-Brandt-Haus. Überall Bilder. Traurige Augen schauen mich an. Auch das ein Omen?

Mittwoch, ca. 20:00 Uhr: Ankunft im Brauhaus Spandau. Ich bestelle ein Pils, der Ober sagt, das gebe es hier gar nicht. Das ist aber kein Omen, oder?

Donnerstag, 8:00 Uhr: Ich sitze auf dem Sofa und denke nach. Gehe alles durch, was ich am Abend erzählen will – und finde es scheiße. Stelle um. Streiche die Hälfte. Und geh dann erstmal einen Kaffee trinken.

Donnerstag, 10:00 Uhr: Ich sitze wieder auf dem Sofa und gehe alles durch. Und finde es wieder scheiße. Umstellen. Streichen. Ändern. Langsam finde ich es okay.

Donnerstag, 12:00 Uhr: Ich mache mich auf den Weg. In Berlin weht ein gottverdammter Eiswind. Ich halte es nicht aus und kaufe mir eine warme Mütze.

Donnerstag, 20:00 Uhr: Aufbruch zum Pinguin-Club. Ich bin jetzt ruhig. Gut drauf.

Donnerstag, 20:30 Uhr: Ankunft im Pinguin-Club. Sehr leer! Gabriela begrüßt mich. Ich frag sie über Österreich aus (der unbekannte Nachbar…). Wir stellen fest, dass sie mit einem Mann liiert war, in dessen Spandauer Plattenladen ich in den 80ern ungezählte Nachmittage verbracht habe. Wie klein die Welt ist…

Donnerstag, 21:00 Uhr: Wo bleibt eigentlich Ameise? Wollte der nicht auch lesen? Jemand erzählt, er habe ihn aus der U-Bahn aussteigen und dann woanders hingehen sehen. Hat er sich verlaufen?

Donnerstag, 21:10 Uhr: Mittlerweile ist der Club voll. Aber warum sind eigentlich fast keine Spandauer da? Herrgott! Was muss denn noch geboten werden, bis ein Spandauer bereit ist, mal über die Havel zu fahren?!

Donnerstag, 21:20 Uhr: Ameise taucht endlich auf. Es kann beginnen. Gabriela stellt mich kurz vor. Ich gehe ans Mikro. Und tauche erzählend ein in die Vergangenheit. Erzähle von den Eigenheiten und Härten der Spandauer Punk-Szene. Von abenteuerlichen U-Bahn-Fahrten. Vom schrillen Nena-Konzert. Von bescheuerten Skins. Von den möglichen Ursachen der fast flächendeckenden Kinderlosigkeit im Punk-Milieu. Mir macht das Erzählen Spaß. Ab und an wird gelacht und geklatscht.

Donnerstag, 21:50 Uhr: Mission erfüllt. Nun ist Ameise dran. Er beginnt mit seiner Geschichte von der Popperschlacht. Bewegung 17. Oktober. Ich muss schmunzeln. Alle waren damals da. Versammelt zur Schlacht gegen die Popper. Punks, Skins, Teds. Von überall her. Sogar aus der Schweiz. Nur wir Spandauer haben auch damals gefehlt. Nach meiner Erinnerung war uns der Weg zu weit. „Bis zum Hermannplatz!!! Hast du ne Ahnung, wie lange man da fährt???“ (Und wieder die Frage: Was muss passieren, damit ein Spandauer mal über die Havel fährt…)

Donnerstag, 22:30 Uhr: Lesung beendet. Froh, dass es gut gelaufen ist. Ich verkaufe ein paar Bücher, komme hier und da in kleine Gespräche und trinke gut gelaunt das Freibier, das man mir heut Abend gewährt.

Donnerstag, 23:00 Uhr: Ameise muss ins Bett und geht.

Donnerstag, 23:30 Uhr: Ein Mann spricht mich an. Ihm habe das ja alles ganz gut gefallen. Aber in einer Sache, da hätte ich total daneben gelegen. – Was er wohl meint??? – Na, das mit Nena. Die sei schrecklich gewesen. Ob ich mich denn nicht erinnere, was die für eine fürchterliche Achselbehaarung hatte? Das muss den Mann damals echt traumatisiert haben, denn er hört gar nicht auf, mir und mittlerweile etlichen Umstehenden wort- und gestenreich Nenas Achselbehaarung in Erinnerung zu rufen. Ich bin überrascht. Mir war das damals gar nicht aufgefallen. Ich hab Nena offenbar lieber ins Gesicht (oder auf die Brüste?) geschaut. Um die Sache zu beruhigen, sage ich ihm zu, dass ich das mit den Achselhaaren ja in einer 2. Auflage ergänzen könne. Das beruhigt ihn.

Donnerstag, 23:30 Uhr: Ich genieße das Freibier.

Freitag, 0:20: Ein Mann spricht mich an, der nicht nur meine alte Spandauer Band Halsabschneider kennt, sondern von einem unserer raren Auftritte gar einen tape-Sampler veröffentlicht hat. Er fragt, ob es nicht noch unveröffentlichte Aufnahmen gebe. Ich bin so gerührt, dass ich ein weiteres (Frei-) Bier brauche.

Freitag, 1:00 Uhr: Sanja geht unermüdlich durch die immer noch gut gefüllten Räumlichkeiten und hält das Geschehen in Bildern fest. Zwischendurch erzählt sie u.a., dass ihr Vater aus dem Iran kommt. Ich bin hellhörig. Die uralte persische Hochkultur – das interessiert mich ja noch mehr als Österreich.

Freitag, 1:30 Uhr: Ein langer Tag liegt hinter mir. Zeit zu gehen.

Freitag, 1:31 Uhr: Ich kann nicht gehen. Am Ausgang versperrt mir ein kleiner Mann den Weg und erzählt, in einer Sache, da hätte ich ja total daneben gelegen. Noch einer, der über Nenas Achselbehaarung nicht weggekommen ist?

Freitag, 1:32 Uhr: Dem dann folgenden 60minütigen Monolog entnehme ich allmählich, dass es ihm eher um meine Darstellung der Skins geht. Er meint, ich hätte da Vorurteile, tatsächlich seien Skins weder brutal noch rechtsradikal gewesen. Ich vermute, dass das ein Witz ist und versuche aufmunternd zu lächeln.

Freitag, 2:32 Uhr: Endlich ist er fertig. Ich kann den Pinguin-Club verlassen. Ich setze meine neue Wollmütze auf und muss über Nenas Achselhaare nachdenken.

Freitag, 13:30 Uhr: Ich fahre zurück nach Bayern. Ganz Deutschland liegt unter einer dichten Schneedecke. Ich überlege, für was das denn nun schon wieder ein Omen sein könnte…